I Blame Coco - The Constant
 
Nein, sie würde niemals mit ihrem Vater auf eine Bühne steigen und ja, ihr Vater hat ihr Album bereits gehört und geschrieben, dass es ihm gefalle. Der Vater heißt Sting und seine Karriere ist so übermächtig, so herausragend, dass man sich ohnehin nicht daran messen kann. Coco Sumner, die sich und ihre Band I Blame Coco nennt, weiß das natürlich und hat sich für die „Jakob Dylan Taktik“ entschlossen. Bloß nicht gleich den ganzen Namen aufs Cover schreiben. Schwierig nur, wenn alle Journalisten die Tochter von Sting ohnehin als Tochter von Sting bezeichnen. Doch wie ist ihre Platte unabhängig von allen Vorschußlorbeeren? Mit dem Girlie Sound einer Pink oder Katy Perry hat die 20 jährige nicht viel am Hut. Mit dem künstlerischen Tiefgang des Vaters in fortgeschrittenem Alter allerdings auch nicht. I blame Coco macht treibende Popmusik. „Quicker“ hat das Zeug zum Radiohit und wird hier und da auch schon gespielt. Der Remix als Bonustrack des Albums läuft sogar in angesagten Clubs. Ihre tiefe, manchmal etwas knödelige Stimme ist zunächst verwirrend, manchmal denkt man, da würde ein Mann singen. Ihre Stimme, und das muss festgehalten werden, ist aber immerhin unverwechselbar. Mit 13, meist treibenden, einigen sehr eingängigen Songs, hinterlässt I blame Coco trotz aller Anpassung an den Mainstream eine Marke. Einige Stücke sind dabei sogar sehr ernsthaft: Die Ballade „It’s About To Get Worse“ spielt auf die prekäre Lage in der Welt an, präsentiert dabei einen düsteren Sound, in dem Coco der globalen Krise ihr persönliches Liebesleid gegenüberstellt. „Es wird erst schlimmer werden, bevor es besser werden kann,“ singt sie und irgendwie kauft man ihr das ab. Auf „Self Machine“, ihrer Vorgänger - Single, spinnt sie die Idee einer weltweit vernetzten Online-Community bis zum bitteren Ende weiter und entwirft das Bild von einem Roboterstaat, den sie musikalisch mit dem passenden Electro/Rock-Sound untermalt. Die Songs sind stark, einige von ihnen bleiben im Kopf und werden mit der Zeit immer besser. Der große Wurf ist ihr Album nicht, dafür ist der Electropop am Ende doch zu konventionell und die Melodien zu dicht am Chart- Mainstream. Manchmal wirkt Eliot Paulina Sumner, wie sie mit richtigem Namen heißt, wie ein mucksches Teeniemädchen, manchmal wie ein kämpferisches Powergirl, das sich ausprobieren will. Wie damals, in ihrer Kindheit, behütet mit sechs Geschwistern aufgewachsen, aber sicher künstlerisch erzogen. Mit 13 schreibt sie bereits die ersten Songs. Pete Doherty coverte „Bohemian Love,“ einen Song, der sich nicht auf dem ersten richtigen Album befindet, sondern aus der Frühphase des eigensinnigen Mädchens. Früher coverte sie Sex Pistols Songs und stand auf Reggae, genau wie der Papa. Heute spielt sie alle Instrumente selbst. Sie ist ein Musikmaniac, träumt davon irgendwann Filmmusik zu machen und in die zweite Reihe zu treten. Und dann geht sie doch da hinaus auf die Bühne und ruft „How the fuck are you doing!" ins Publikum. Nein, Coco Sumner gehört, genau wie der Papa auf die große Bühne und wird Popsongs singen, die immer ein bisschen besser sind, als die restlichen Charthits.

Als CD, LP und als Download erhältlich
I Blame Coco
Sonntag, 20. März 2011